Kein WWZ’ler hat ihn sich herbeigewünscht, doch nun ist der da: Der Ruhestand von Andreas Widmer. Nach 13 Jahren in der operativen Führung des Unternehmens legt Andreas Widmer per heutiger Generalversammlung sein Amt nieder – und bleibt der Unternehmung als Verwaltungsrat dennoch erhalten. Eines ist klar: Langweilen wird sich der ehemalige WWZ-CEO in seinem neuen Lebensabschnitt kaum. Noch mehr tauchen wird er nun. Und mit seinem Boot segeln – aufgrund seiner vielen weiterlaufenden Mandate jedoch nicht um die Welt. Ein Abschiedsporträt.
Alles begann mit einem Zufall. Und zwar auf einer Zugfahrt von Zürich nach Olten. Dort traf Andreas Widmer, zu jenem Zeitpunkt angestellt bei der Atel Holding AG, auf Hajo Leutenegger, damaliger CEO der WWZ AG. Seit 23 Jahren. Die Herren kannten sich bereits. Die Branche ist übersichtlich. Die Pensionierung von Hajo Leutenegger stand bevor – und wurde Thema auf besagter Zugfahrt. Und so nahm alles seinen Lauf.
«Ich war überhaupt nicht auf der Suche nach einer neuen Stelle», erinnert sich Andreas Widmer. Dennoch reizte ihn die Aufgabe als CEO der WWZ-Gruppe und liess ihn nicht mehr los. Bis heute. «Auch nach meiner Pensionierung werde ich immer ein WWZ’ler bleiben». Damit er jedoch zu einem Teil der WWZ AG werden konnte, mussten ihn die Verwaltungsräte nach dem regulären Bewerbungsprozess erst noch zum CEO wählen. Das taten sie. Und zwar vor 13 Jahren. Eigentlich vor 14. Denn zuerst trat Andreas Widmer im Juni 2008 als Leiter Verkauf und Energiewirtschaft in die WWZ AG ein, bevor er dann 2009 definitiv die operative Führung des Unternehmens als CEO der WWZ-Gruppe übernahm.
Weit über den Erwartungen
«Andreas Widmer hat in den vergangenen 13 Jahren für die WWZ AG Grosses geleistet», sagt Verwaltungsratspräsident Frank Boller. Die Liste, welche Projekte Andreas Widmer bei der WWZ während seiner Amtszeit alle lanciert hat, ist lang. Zu lang, um sie alle einzeln zu erwähnen. Auch wenn Andreas Widmer besonnen, nach aussen hin ruhig wirkt, so war und ist er doch voller Energie. Angetrieben von seiner Leidenschaft für die Energiebranche, hat er alle Projekte der letzten Jahre mutig und mit Elan vorangetrieben. «Andreas Widmer war ein aussergewöhnlicher CEO, der die WWZ mit Weitsicht, Besonnenheit, visionärem Gedankengut und Mut geführt hat», sagt Frank Boller. «Nur wenige CEOs der Branche hätten den Mut gehabt, die WWZ über die letzten Jahre auf diese Art strategisch auszurichten und Generationenprojekte wie die Energieverbünde Circulago und Ennetsee loszutreten». Widmers feines Gespür für Trends hat sich mittlerweile mehrfach bestätigt. Der Entscheid, Infrastrukturprojekte dieser Grössenordnung zu realisieren, kam genau zur richtigen Zeit. Die Nachfrage der WWZ-Kundschaft nach CO2-neutralem Heizen und Kühlen liegt weit über den Erwartungen. Hinzu kamen unter Andreas Widmers Führung unzählige Übernahmen von grösseren und kleineren Telekom-Netzen innerhalb und teilweise auch weit ausserhalb unserer Kantonsgrenzen. Erwähnt seien insbesondere die Beteiligung der WWZ AG an der Quickline sowie die Mehrheitsübernahme der sasag Kabelkommunikation AG in Schaffhausen.
Alles kein Zufall
Dass Andreas Widmer einst in der Energiebranche landen würde, ist kein Zufall im eigentlichen Sinne. Bereits Klein-Andy interessierte sich für technische und mathematische Zusammenhänge. Und so kam es, dass Andreas Widmer nach der obligatorischen Schulzeit ins mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium eintrat. Und auch dort zeigte sich: «Mathematik und Physik waren meine Lieblingsfächer». Nach der Matura bereit für die Welt, zog es Andreas Widmer mit 19 Jahren an die ETH Zürich. Dort studierte er Elektrotechnik, spezialisierte sich auf Starkstrom: «In diesem Bereich waren die grossen Maschinen. Das faszinierte mich», erinnert sich Andreas Widmer. Im Laufe des Studiums spezialisierte er sich immer mehr: «Mich interessierte die Schnittstelle zwischen Telekommunikation und Energietechnik». Nach dem Studium nahm Andreas Widmer für zwei Jahre erst einmal einen Job bei Alcatel als Entwicklungsingenieur an. Eine erfolgreiche Karriere nahm ihren Lauf.
Spannende berufliche Stationen
1988 trat Andreas Widmer in die CKW in Luzern ein. Auch dieses Mal eher durch einen Zufall: «Ein Freund meines Vaters fragte mich, ob ich allenfalls eine Stelle suche». Wenig später trabte Andreas Widmer beim CKW-Direktor an. Nach einem einstündigen Gespräch war für den CEO klar: «Diesen Widmer stelle ich ein». Und Andreas Widmer liess sich einstellen. Er blieb für zehn Jahre. Erst als Leiter der Stabstelle für Energiewirtschaft und danach als Leiter Netzplanung und als Direktionsassistent. Im gleichen Jahr des Stellenantritts bei der CKW heiratete Andreas Widmer seine Frau Maggie. Die beiden Söhne erblickten 1993 und 1995 das Licht der Welt.
Mittlerweile Familienvater, wechselte Widmer 1998 zur Watt Holding AG und baute für die Unternehmung die Watt Deutschland GmbH in Frankfurt auf. «Wir waren damals die ersten in der Schweiz, die Kunden im deutschen Markt mit Strom beliefert haben», erzählt er. Es war eine dynamische Zeit für Andreas Widmer. In Deutschland zu leben, stand für ihn und seine Familie jedoch nie zur Debatte. «Ich bin zu sehr mit der Zentralschweiz verwurzelt». Danach übernahm er die Geschäftsführung der Watt Suisse AG – bis er schliesslich 2001 zur Atel Holding AG wechselte, wo er den Markt Schweiz leitete. Das war die letzte Station für Andreas Widmer, bevor er 2008 in die WWZ-Gruppe eintrat. Der Rest ist bekannt.
Der coolste Job der Schweiz
Und nun steht er definitiv an, der Ruhestand des CEOs Andreas Widmer. Er blickt gerne zurück auf die vergangenen Jahre: «Die WWZ ist eine tolle Unternehmung mit einer gewissen Grösse und dennoch einem familiären Touch», sagt Widmer. Er habe sich immer als Teil des Ganzen verstanden und gefühlt. In seiner Zeit als CEO ist viel passiert. «Ich kam damals in eine Firma, die durch meinen Vorgänger Hajo Leutenegger sehr gut aufgestellt war. Die Telekommunikation hatte bereits damals einen wichtigen Stellenwert». Zwischenzeitlich wurde die Telekommunikation durch Andreas Widmer weiter vorangetrieben. Ebenso haben die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und die damit verbundene Sensibilisierung für eine konsequente CO2-Reduktion dazu geführt, das Wärmegeschäft innerhalb der WWZ-Gruppe über die letzten Jahre schrittweise zu entwickeln. Mit den beiden Wärmeverbünden Circulago und Ennetsee sind Generationenprojekte entstanden, die die regionale Energie- und Klimazukunft auf lange Sicht prägen werden. «Dies in erster Linie dank der Weitsicht und des Muts von Andreas Widmer», betont Verwaltungsratspräsident Frank Boller. Andreas Widmer gibt mit seiner Pensionierung «seine» Lebensstelle auf. Wenn er auf die letzten 13 seiner Berufsjahre als CEO zurückblickt, gerät er ins Schwärmen: «Ich habe immer gesagt, ich habe den coolsten Job der Schweiz. Ich würde ihn immer wieder machen». Für die WWZ AG zu arbeiten sei eine durch und durch sinnhafte Tätigkeit zum Wohle der Gesellschaft.
Wieder öfters abtauchen
Wer nun jedoch denkt, Andreas Widmer wird in seinem Ruhestand untertauchen, täuscht sich. Dafür wird er ab und an abtauchen. Widmer ist passionierter Taucher mit jahrzehntelanger Erfahrung. Taucht er aktuell einmal die Woche hinab in die Tiefen des Vierwaldstättersees, dürfte sich dies nun wieder intensivieren – in der Schweiz und auf der Welt. Zudem bleibt ihm künftig wieder mehr Zeit für sein Segelschiff, das er zusammen mit Freunden regelmässig ab Luzern über den Vierwaldstättersee steuert – und damit sogar regattiert. Fit hält sich der WWZ-CEO seit Jahren zudem mit Ausdauersport wie Joggen oder Biken. «Dies wird sich auch in meinem Ruhestand nicht ändern», sagt Widmer. Und das ist gut so. Denn: Ausdauer wird er weiterhin brauchen. Mit den vielen weiterlaufenden Mandaten – unter anderem für den Verwaltungsrat der WWZ AG – wird Andreas Widmer weiterhin gut ausgelastet sein. Und dennoch wird es ihm wohl nicht schwerfallen, künftig das Steuer der WWZ gegen jenes seines Segelschiffs einzutauschen.